Lebenswege verlaufen nicht immer schnurgerade. Doch sind es nicht gerade die Umwege und die Erfahrungen, an denen Menschen wachsen und die in späteren Jahren ihr Handeln bestimmen? Mirko Lietzmann zum Beispiel.

Vor 25 Jahren war der Mittvierziger noch Kunde bei der AWO-Tafel in Heide. Heute ist er dort fest angestellt und leitet mit Herz und viel persönlichem Einsatz diesen wichtigen Teilbereich der sozialen Arbeit. „Ich habe mich hochgearbeitet“, schmunzelt Mirko Lietzmann. Zu Recht darf er stolz sein auf das, was er leistet, und die positiven Impulse, die er setzt. Seit gut drei Jahren wirkt auch Heidi Lietzmann dank eines Förderprojektes im Orga-Team der Tafel mit – als Stellvertreterin ihres Mannes.

Insgesamt sind im Team der Tafel 15 Personen in die Arbeitsabläufe involviert. Überwiegend sind es Männer und Frauen mit geförderten Arbeitsgelegenheiten (AGH) oder auch Personen im Engagierten Ruhestand. Die Tafelarbeit reicht weit in das Privatleben von Mirko und Heidi Lietzmann hinein. Im Gegensatz zum Arbeitsbeginn um 6 Uhr sei das Dienstende um 14 Uhr reine Theorie. „Das Handy bleibt auch nach Feierabend eingeschaltet, schließlich kann immer etwas sein“, so Mirko Lietzmann.

Wie kam es dazu, dass Mirko Lietzmann vor 25 Jahren selbst Tafelkunde war? Er blickt zurück: „Ich hatte mehrere Jobs im Einzelhandel. Auch Maßnahmen der Agentur für Arbeit waren dabei – manche nur kurz. Das Richtige war es nie und was ich gerne gemacht hätte, passte körperlich nicht. Vielleicht hatte ich auch nicht immer die richtige Einstellung. Da war nicht viel übrig.“ Für seine heutige Arbeit ist diese Biografie nicht von Nachteil. „Ich kenne die Seite vor und die Seite hinter unserem Ausgabetresen. Unsere Kunden wissen, wen sie vor sich haben.“

Ohne Sachspenden keine Tafel

Über Bekannte habe er damals den Tipp mit der Tafel bekommen. Bedürftigkeit vorausgesetzt wird im AWO-Büro eine zeitlich begrenzte Tafelkundenkarte ausgestellt. Gegen Vorlage dieser Karte können an der Ausgabestelle Lebensmittel gegen kleines Geld erworben werden. An diesem Punkt im Gespräch stellt Mirko Lietzmann klar: „Wir sind kein Vollversorger, nur ein Unterstützer. Was an Lebensmitteln vorgehalten und angeboten werden kann, wechselt beständig.“ Aus rechtlichen Gründen darf die Tafel keine Lebensmittel erwerben, sondern nur solche verteilen, die gespendet werden. Größtenteils erfolgen die Spenden durch hiesige Supermärkte, Tankstellen, Bäckereien und Discounter, aber auch durch einheimische Produzenten, Großküchen und Verarbeitungsbetriebe. Es sind Lebensmittel, die noch unverdorben sind, aber für den Verkauf nicht mehr den Vorgaben der Unternehmen entsprechen. Täglich steuern drei AWO-Fahrzeuge die Abgabestellen an und sammeln die Lebensmittel ein. Diese werden dann im Team sortiert und auf die vier Tafeln des AWO-Ortsvereins in Heide, Lunden, Wesselburen und Büsum verteilt. „Auch Privatkunden spenden Lebensmittel, das hilft und freut uns sehr“, sagt AWO Ortsvorsteher Karsten Wessels.
An vier Tagen in der Woche geöffnet

Die Lebensmittelbeschaffung ist schwieriger geworden. Karsten Wessels: „In vielen Märkten wird nicht mehr so schnell aussortiert oder die Ware verbilligt als ‚Gutes von gestern‘ angeboten.“ Zugleich steige aber die Zahl der Tafelkunden stetig. Dies führte bereits jetzt dazu, dass die Heider Tafelkunden maximal an zwei von vier möglichen Wochentagen Ware beziehen können. Jeweils ab 11.30 Uhr am Montag und Dienstag sowie am Donnerstag und Freitag ist die rückwärtig zum Heider AWO-Haus gelegene Tafelausgabestelle geöffnet. Oft schon eine Stunde vor Öffnung sind die ersten Kundinnen und Kunden da. Viele kennen sich und schnacken miteinander. Für manche sei es oftmals die einzige Unterhaltung am Tag – die Tafel als Kommunikationsbörse. Die Tafel ist aber auch ein Baustein für Nachhaltigkeit, denn Lebensmittel sind viel zu wertvoll zum Wegwerfen.

Herzenswunsch geht in Erfüllung

Ein Herzenswunsch des Tafelteams wird übrigens im November wahr: das Aufstellen des neuen Lebensmitteltresens. Möglich wurde die Finanzierung mit Spendengeldern aus der NDR-Benefizaktion „Hand in Hand für Norddeutschland“. Da es für die Spendensumme aber keinen komplett fertigen neuen Tresen zu kaufen gab, griff der gelernte Metallbauer Karsten Wessels zum Schweißbrenner und schweißte kurzerhand in seiner privaten Werkstatt das Metallgestell für den Holzaufbau zusammen. Der Aufbau aus hygienischem Tischlerholz kommt aus der Werkstatt von Tischlermeister Jan Ehlers aus Süderheistedt. Auch bei der Planung dieses neuen Tresens hat Tafelleiter Lietzmann mitgewirkt. „Mirko macht sich viele Gedanken und es kommen immer gute Anregungen von ihm“, lobt Karsten Wessels. Vor 25 Jahren war es Mirko Lietzmann nicht vorgezeichnet, dass es mal so kommen würde. Happy End für ihn: Er hat die Arbeit gefunden, die das Beste aus ihm herausholt.

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Als freiberufliche Journalistin bin ich seit Sommer 2019 für das Magazin „Frischer Wind“ tätig. Aktuelle Themen aus der Region, PR-Berichte für Firmen, Porträts von Personen aus der Öffentlichkeit, Veranstaltungsinformationen etc. inklusive der Erstellung von Fotos gehören zu meinem redaktionellen Aufgabengebiet. Die zeitnahe Information und Inspiration der Leserinnen und Leser durch eine bunte Vielfalt in den Berichten sind dabei mein Ziel und meine Motivation.

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